Sonntag, 22. März 2020

Fazit USA


Was ich ganz sicher vermissen werde sind die überall reichlich vorhandenen, immer sauberen und immer kostenlosen Toiletten. Pinkeln ist hier ein Menschenrecht ☺!

Wir haben uns nach anfänglicher, leichter Irritation im Land sehr sicher gefühlt. Amerikaner sind leicht zu verstehen, nach kurzer Zeit weiß man wie sie ticken. Verhält man sich entsprechend, ist alles easy. Äußerst angenehm ist die ebenfalls überall anzutreffende, unerschütterliche Höflichkeit. Amerikaner sind nicht unbedingt immer freundlich oder empathisch, aber der zivilisatorische Lack der Höflichkeit scheint unkaputtbar. Kleinere Leiden, wie zB nächtlichen Feierstimmung verbreitende Camingnachbarn (kommt sehr, sehr selten vor!) erleidet man still. Der Nachbar wird nicht zurecht gewiesen. Männer legen bes. Frauen gegenüber oft ein Verhalten an den Tag, das ich nur mit dem Wort „ritterlich“ beschreiben kann – der höfliche Respekt ist quasi mit Händen zu greifen.

Eigentum wird sehr respektiert – privates, aber auch öffentliches. Spuren von Vandalismus haben wir praktisch keine gesehen. In kleinen Dingen sind Amerikaner offenbar sehr ehrlich, „Kassen des Vertrauens“ gibt es in vielfältiger Form und jeder scheint korrekt damit umzugehen.

Abgesehen von diesen Äußerlichkeiten erschien uns das Land als eine etwas rauhere Welt: jede(r) ist für sich selbst und sein Glück verantwortlich, für Skrupel oder Sentimentalitäten ist wenig Raum. Eines der höchsten Güter scheint „privacy“ zu sein, was man als Privatsphäre übersetzen könnte. Wohnen am Besten einsam, keine Nachbarn.... „only me and my gun“. Vermutlich ein Erbe aus den Pionierzeiten.

Nicht vermissen werden wir die Unmengen von Tierkadavern entlang der vielbefahrenen Straßen – da lag alles, vom Wiesel bis zur toten Kuh, und in Massen. 4 totte Tier auf 1 Kilometer haben wir mehrfach gezählt. Anders als in D werden die Kadaver nicht weggeräumt, sondern liegen da bis sie irgendwann völlig verwest sind. Brrrr.....

Schlimm fand ich auch (wieder) das Essen.... daran hat sich seit meienr ersten USA-Reise 19993 nichts geändert. Das ist mein persönliches Problem, ich empfinde vor sehr vielen Produkten, die es dort gibt, einfach nur Ekel. Gerettet haben uns Aldi und Trader Joe's, wo es deutsches Brot und europäischen Käse gibt. Als wir im ersten Tarder Joe's waren, in Albuquerque, hätte ich fast geweint vor Erleichterung mal was Vernünftiges kaufen zu können.

Immer wieder ungläubig den Kopf schütteln ließ uns der Flächenverbrauch für Shopping Malls, Wohnsiedlungen etc. OK, das Land ist riesig. Aber man muss auch bedenken, es gibt ca 350 Mio Einwohner, von denen die allermeisten im Einfamilienhaus leben. Rechne einfach mal New York ab und dann noch ein paar Millionen, da kommt man locker auf über 300 Mio EFH. Und nicht wenige Leute haben zwei Häuser, eins für den Sommer und eins für den Winter (in den klimatisch passenden Gegenden)! Wahnsinn!!! Denn wo der Mensch siedelt, ist die Natur weg.

Schön nach unserem Verständnis sind dabei die wenigsten Bauten. Vieles packte mein Gehirn, rein von der Optik her, in die Schublade „arm“. Holzhäuschen in der Größe einer besseren Gartenlaube, windschief und heruntergekommen oder aber die berüchtigten Trailer – so wohnt die Masse. Sicherlich stimmt das Label „Arm“ nicht immer, wo es danach aussieht. Wir waren ja fast nur in der Provinz unterwegs.

Außerdem legen Amerikaner scheinbar ganz allgemeinn weniger Wert auf Äußerliches, auch was ihr eigenes Erscheinungsbild angeht. Viele Menschen wirken auf uns krank und/oder ungepflegt. Eine besser gestellte Frau erkennt man daran, dass sie eine Frisur hat.

Trotz teils zumindest teilweise widriger Umstände sind, wie erwähnt, alle immer sehr höflich und alle sind sehr positiv. Letzteres ging mir manchmal einen Tick zu weit bzw. auf den Keks, wobei es aber natürlich der vertrauten „deutschen Dauermeckerei“ vorzuziehen ist.

Ein bissel strange empfanden wir auch den überall zelebrierten Flaggenkult. Naja.... muss nicht sein. Aber hey, that's America! ☺

Ebenfalls sehr positiv fiel uns auf, das praktisch alle Einrichtungen, Orte, Geschäfte..... immer für jedermann zugänglich sind. Ich meine das wörtlich: es gibt keinen nicht abgesenkten Gehweg, es gibt praktisch immer mindestens eine für Rollstühle zugängliche Toilette, Lifte, Fahrstühle, Behindertenparkplätze (die wirklich NIE missbraucht werden) …. Hut ab! Da kommen wir hoffentlich auch bald hin.

Meine Lieblings-Bundesstaaten waren Louisiana, Texas und New Mexico. Meine (touristischen) Lieblingsstädte waren Savannah und New Orleans auf Platz 1, dann Santa Fé und Miami Beach. Tollster Nationalpark war Yellowstone, schönster Strand im Norden Oregons. Völlig untouristisch, aber ganz super, waren auch die Treffen mit unseren Reisefreunden. Das füttert einen Teil der Seele, der (zumindest bei mir) auf einer so langen Reise zu kurz kommt.

Wir haben uns 6 Monate im Land aufgehalten, deutlich länger, als wir das zuvor gedacht hätten. Alles in Ruhe, und immer unter der Überschrift „hier kommen wir nie wieder her“. Nun, da unsere Reise ja im Norden Mexicos Corona-bedingt zu enden scheint, bin ich mir da nicht mehr ganz so sicher.


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