Sonntag, 27. Oktober 2019

Utahs rote Felsen (und Mesa Verde in Colorado) (17.9. bis ca. 9.10.)

Arches Nationalpark, "Park Avenue"
Utah ist „Mormonen“land; wobei die Kirche und deren Anhänger sich offiziell „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ (ich werde das mal mit HLT abkürzen) nennen. Sie haben Utah besiedelt, und zwar während der 2. Hälfte des 19. Jahrhundert. Vorher lebten hier natürlich bereits First Nations Menschen.
Außerdem gibt es im Süden Utahs eine wohl fast einmalige Häufung an tollen Naturparks, die meisten von ihnen mit spektakulären Felsformationen unterschiedlichster Art. Und meist sind die Felsen rot.

Von Yellowstone aus erreichen wir - nach zwei faulen Tagen am türkisblauen Bear Lake - die angenehme Kleinstadt Logan im Norden Utahs. Der Chef-Fahrer hat bestimmt, dass wir einen Ölwechsel brauchen und auch den Dieselfilter sicherheitshalber wechseln lassen sollten. Die Copilotin kümmert sich um mögliche Werkstätten dafür. Wir klappern diverse Auto-Service-Betriebe in Logan ab, bevor wir bei einer Filiale von Les Schwab Tires landen, die sich an unser Fahrzeug rantrauen. Namensgebender Herr Schwab war natürlich ein solcher, und hat über die Jahrzehnte ein in ganz Nordamerika vertretenes Filialnetz von Reifenhandlung plus Servicewerkstatt aufgebaut. Wir werden sehr kompetent und freundlich bedient, jedoch stellt der Dieselfilter ein Problem dar – erst wurde der falsche bestellt, und dann schließlich der richtige, aber bis der kommt dauert es ein paar Tage.
Bear Lake
auf dem schönen und leeren CP am Bear Lake (mit Dusche!)
Nachdem wir uns einen Tag in und um Logan die Zeit vertrieben haben, fahren wir, um die Wartezeit sinnvoll zu nutzen, übers Wochenende nach Salt Lake City. Ich war 1993 schon mal dort und damals recht beeindruckt vom Besuch der HLT-Hauptsehenswürdigkeit „Temple Square“. Das wollen wir anschauen, außerdem, da wir so ein bißchen Europa-Sehnsucht haben, wollen wir zu Ikea (wir essen im Bistro, alles wie zu Hause, und kaufen Knäckebrot und Heringe im Glas).
Temple Square, Salt Lake City, Zentrum der HLT-Kirche
HLT-Anhänger sind sehr angenehme Leute (finde ich), sie missionieren zwar, aber auf eine unaufdringliche Art. Niemand fragt nach deinem vollen Namen, oder deiner Adresse, oder will dich von irgendwas überzeugen... und man kann sie als neugieriger Tourist ungeniert ausfragen. Auf unsere Bitte hin erklärt uns eine junge (und dunkelhäutige ☺) Österreicherin die wichtigsten Punkte zum Thema Entstehung der Religionsgemeinschaft, Riten, Glaubensgrundsätze etc. Den Tempel selbst dürfen wir nicht besuchen, er gilt als geweiht und ist nur für HLT zugänglich.

GANZ KURZ Entstehung und Glaube der HLT
Begründer war Joseph Smith. Ihm wurden angeblich goldene Tafeln in einer fremden Sprache enthüllt, welche er (selbst des Lesens und Schreibens kaum mächtig) als das „Buch Mormon“ übertrug; dies ist neben der Bibel (dem alten Testament...) die Glaubensgrundlage. Die HLT glauben, dass Christus der Erlöser ist. Wichtigstes Element des täglichen Lebens ist die Familie und da besonders die Kinder. Möglichst viele Kinder sind erwünscht. Es gibt bei den HLT die Erwachsenentaufe (frühenstens ab dem 8. Lebensjahr) und, recht exotisch, auch die Totentaufe. Mit letzterer kann man verstorbene Vorfahren, die nicht der HLT angehörten, sozusagen in den Schoß der Kirche heimholen, auf das später im Paradies alle wieder vereint sind. Interessant ist, dass es bei den HLT nur unter extremen Umständen die „unverzeihliche Sünde“ gibt. Es gibt auch keine Hölle, sondern nur 3 Abstufungen von „Paradies“: eine Art Himmel für die ganz Braven, was dazwischen, und für die am wenigsten Braven letztendlich so eine Art „Himmel-Erde“. Alkohol, Kaffee (!) und sogar schwarzer Tee sind verboten. [Daher liefen wir keinerlei Gefahr zu konvertieren]

Großen Wert legen die HLT auf Musik – so gibt es zB den berühmten und bekannten Tabernacle Chor. In besagtem „Tabernacle“ (eine Art kirchlicher Konzertsaal) hören wir dann auch ein kostenloses Orgelkonzert. Später schauen wir noch das riesige HLT Konferenz-Center an – wir werden dort natürlich auch wieder herumgeführt, diesmal von einem seriösen, freundlichen Herrn im (vermuteten) Rentenalter. Er zeigt Gebäude, den großen Saal, viele kitschige Gemälde mit religiösen Motiven, den sehr schön mit einheimischen Wüstenpflanzen ökologisch korrekt und bewässerungsfrei angelegten Dachgarten; erzählt viel, natürlich nicht nur zum Gebäuden, sondern auch zu Hierarchie, Glauben und guten Taten der HLT. Wieder kann man sehr frei fragen, was wir auch tun. Natürlich dürfen nur Männer „Apostel“ werden, weil: „das war schon seit Christus so“. Eines meiner Lieblingsargumente!!! Grrr....
im Tabernacle-Konzertsaal
im Kongresszentrum der HLT
Blick vom Dach des Kongresszentrums der HLT
Kongresszentrum der HLT, großer Saal (21.000 Leute passen rein)
Kongresszentrum der HLT, Dachgarten
Kongresszentrum der HLT, Dachgarten und Ausblick
Kongresszentrum der HLT, Denkmal "Die Vorfahren"
"This is the place" - lebendiges Museum zur Ansiedlung der HLT in Utah
"This is the place" - lebendiges Museum zur Ansiedlung der HLT in Utah
auch dort...
... und das auch. Hütte der ersten Siedler. Hat Gartenlauben-Größe.
Danach sind wir erstmal geschafft von soviel Input; und es ist auch anstrengend den ganzen Tag in einer fremden Sprache zu interagieren. War aber richtig gut, viel für die Birne! Wenn man die Glaubensprinzipien der HLT im historischen Kontext (Besiedlung des Westens, Pionierzeiten...) betrachtet, macht das Alles auch total Sinn: viele Kinder – weil ja auch viele gar nicht das Erwachsenenalter erreichten; Versprechen auf ein Wiedersehen mit der ganzen Familie im Jenseits – machte den Schmerz um die zahlreichen Verluste erträglicher und ließ die Menschen durchhalten; kein Alkohol – spart Geld und ergibt größere Zuverlässigkeit. Bei Kaffee und Tee kann ich nur raten, dass dies mal Sparsamkeitsgründe hatte.

Auf dem Rückweg nach Logan (der Dieselfilter wartet) übernachten wir auf Antelope Island mitten im Großen Salzsee; ein wirklich toller Platz!!! Dort weiden wilde Büffel, riesige Gesellen!
Großer Salzsee, mit kleiner Insel
auf dem CP auf Antelope Island im Großen Salzsee
letzte Blumen...
Nach erfolgtem Öl- und Dieselfilter-Wechsel fahren dann wir gen Arches Nationalpark. Dort wird es schon sehr kalt nachts, daher wollen wir es jetzt machen, den der Herbst kommt immer näher. Arches ist wieder sehr toll, und das Wetter auch – warme Tage, tiefblauer Himmel, rote Felsen – ahhh! Ein echtes Highlight, wenn auch mal wieder ein sehr volles.
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark (Haifischflosse?)
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
im Arches Nationalpark
Der CP im Nationalpark ist komplett dicht, wir kriegen mit Glück etwas im nahegelegenen Ort Moab. Wir kennen Moab als kleinen, angenehmen Touristenort. Als wir diesmal dorthin kommen, sind wir geschockt – Moab boomt! Ich zähle 17 (!!!) neue Hotels, und das sind nur die an der Hauptstraße! Dazu div Condo-Komplexe (Eigentumswohnungen) im Bau usw. usf. Moab liegt quasi in der Wüste, Wasser ist knapp. Wie wollen die die ganzen neuen Unterkünfte versorgen? Klar, irgendwie wird’s gehen, aber es ist verrückt in so einer trockenen Gegend. (Später sehen wir bei Las Vegas den halbleeren Lake Mead. Schuld ist Übernutzung – er versorgt auch LA mit Wasser. Dasselbe Thema.)
im "Hinterland" von Moab
im "Hinterland" von Moab, Castle Valley
im "Hinterland" von Moab, Castle Valley
im "Hinterland" von Moab, Castle Valley
im "Hinterland" von Moab, Colorado River - einzige Wasserressource
im "Hinterland" von Moab
Als wir 2013 hier waren, hatte ich mir vorgenommen, irgendwann mal noch den Canyonlands NP näher anzuschauen. Damals reichte die Zeit nicht dafür. Aber jetzt! Canyonlands ist ein sehr unzugänglicher Park – eine riesige Fläche von wildem, felsigem, canyondurchzogenen Land. Zwei Flüsse teilen den NP quasi in ein Y: der Colorado River und der Green River. Daraus ergeben sich 3 Sektionen: Island in the Sky, Nähe Moab und Arches; Needles (so genannt wegen der Fels“nadeln“, eher -türme) und im Westen der völlig unzugängliche Maze-District. Island in the Sky waren wir 2013 und wir fahren auch diesmal noch 1 Tag hin. Hier kann man überwiegend nur gucken. Als wir Moab verlassen, steuern wir den Needles District an. Hier lassen sich zumindest einige kürzere Wanderungen machen, die uns sehr eindrucksvoll mitten in diese Felslandschaft hineinführen. Wir übernachten auch mittendrin, am Needles Outpost, einem CP mitten zwischen roten Felsen (aber mit heißer Dusche). Ein wenig trübt ein starker, viel Sand aufwirbelnder Wind die nachmittäglichen und abendlichen Campingfreuden. Draußen sitzen ist nicht. Aber Tembo hält seinen Po in den Wind und trotzt ihm tapfer.
Canyonlands NP, "Island in the sky"-Abschnitt bei Moab
Canyonlands NP, "Island in the sky"-Abschnitt bei Moab
Canyonlands NP, "Island in the sky"-Abschnitt bei Moab
Blick auf den Canyon des Colorado
Canyonlands NP, "Island in the sky"-Abschnitt bei Moab 
Blick auf den Canyon des Colorado
Canyonlands NP, "Island in the sky"-Abschnitt bei Moab 
Felsmalereien ("Newspaper Rock") auf dem Weg zum Needles District
überall blühen diese gelben Stauden, Insekten lieben sie
auf dem Weg zum Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Picknick-Tisch mit Aussicht
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Camping am "Needles Outpost"
Diensthabende Katze auf dem CP
Sonnenuntergang am Needles Outpost
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District
Canyonlands-NP, Needles-District

Weil es von Canyonlands/Needles quasi am Weg liegt, fahren wir danach mal kurz nach Colorado, in den Mesa Verde NP. Mesa Verde ist eine präkolumbische Ansiedlung – Siedlungen unter großen Felsüberhängen, die sich unterhalb des Tafelbergs (Mesa) befinden. Entstanden und bewohnt zwischen ca 1050und 1200 uZ. Die Ruinen sind recht eindrucksvoll, auf einer Reise 1998 war ich hier schon mal. Im Gegensatz zu damals ist der Zugang jetzt aber sehr restriktiv und wir können mit einer Führung nur die „Cliff Palace“ genannte Ruine besichtigen. Von meinem ersten Besuch habe ich in Erinnerung, das ich damals da den ganzen Tag alleine Leitern rauf und runter geklettert bin, auch innerhalb der einzelnen „Dörfer“. Dies ist jetzt nicht mehr möglich. Trotzdem eindrucksvoll.
weites Land, bei Mesa Verde
Mesa Verde, Pueblo-Ruinen
"Cliff Palace", Mesa Verde
"Cliff Palace", Mesa Verde
"Cliff Palace", Mesa Verde, Blick in eine Kiva (Zeremonialraum)
Mesa Verde
Mesa Verde

Unser nächstes Zwischenziel heißt Capitol Reef NP, und wir fahren über kleine Nebenstraßen, schauen das Natural Bridges Monument an und die Schlucht des Colorado River. Im Capitol Reef machen wir eine Wanderung zur "Hickman Bridge" (ein Felsbogen). Und essen natürlich Kuchen im alten Fruita-Farmhaus, sehr lecker.
auf dem Weg zum Capitol Reef NP, spektakuläre Coloradoschlucht
auf dem Weg zum Capitol Reef NP, spektakuläre Coloradoschlucht
Hickman-Bridge
Capitol Reef NP
Capitol Reef NP
Capitol Reef NP
Capitol Reef NP
unterwegs nach Bryce
Nach einer Übernachtung im nahegelegenen Torrey geht es weiter zum Bryce Canyon. Auch da waren wir schon, aber diesmal machen wir zum ersten Mal eine ziemlich lange Wanderung den Canyon runter und wieder hoch. Leider vergessen wir, irgendeinen Snack mitzunehmen (Wasser haben wir), und so hänge ich komplett durch und „krabbele“ mit wirklich letzter Kraft wieder aus dem Canyon raus.
durch den Bryce Canyon...
durch den Bryce Canyon...
durch den Bryce Canyon...
durch den Bryce Canyon...
durch den Bryce Canyon...
durch den Bryce Canyon...
Sonnenuntergang bei Bryce
Am Tag darauf schauen wir von Bryce aus das Kodachrome Basin in der Nähe an – helle Felstürme, abgebrochenen antiken Säulen gleich, ragen dort in den Himmel.
Kodachrome Basin - hält noch!
Felssäule im Kodachrome Basin
Kodachrome Basin
Felssäule im Kodachrome Basin
Bryce "City" - Souvenirläden
oller Magdeburger Trabi in Bryce
Die letzte Nacht in Bryce ist ausgesprochen kalt, laut Wetter-App soll es am morgen noch -9 Grad haben! Ganz so wenig ist es vielleicht nicht, aber definitiv unter deutlich unter Null. Obwohl wir nicht frieren in Tembo, es gibt ja eine Gasheizung, ist uns das zu kalt. Die Vorhersage zeigt noch tiefere Temperaturen an und deshalb fahren wir weiter...
unterwegs: Navajo Lake, gut 3000 m hoch, hier entspringt der Virgin River
am Navajo Lake: Basaltgeröll und Zitterpappeln
Zion Canyon, Vollmond
… zum Zion Nationalpark. Der liegt gute 1000 m tiefer, und ist daher auch weniger kalt. Der Zion Canyon wurde in Jahrmillionen durch den Virgin River tief in den Fels gegraben. Man kann in den Canyon hineinfahren (seit 2000 nur noch mit Shuttle-Bus, gute Idee!) und dann noch ein Stück laufen. Dann ist für viele Leute, auch uns, Schluß. Warmfüßler und Abenteuerlustige waten weiter durch den eiskalten Fluß, um noch ein paar mehr Fotos zu bekommen. Zum Schluß geht nur noch schwimmen, aber bei 5 Grad Wassertemperatur im Oktober werden das nicht so viele getan haben.
Auch hier ist es wieder extremst voll – was ehrlich gesagt den Spaß etwas trübt. Wir beschränken unseren (wiederholten) Besuch daher auf nur 1 Tag.
Zion Canyon, kleiner Wasserfall am Weg
Zion Canyon, Virgin River
Zion Canyon
Zion Canyon
und ab hier wird gewatet (wir nicht)
Nun droht ein echter Temperatursturz, mit Sturm und Regen. Vor dem fliehen wir für 2 Tage in die Nähe von Las Vegas (das ist nur 1 Tagesfahrt vom Zion entfernt) und campen dort am oben bereits erwähnten halbleeren Lake Mead. Auch da wird es kalt – am Ankunftstag um 21.00 Uhr noch 28 Grad, am nächsten Morgen nur noch ca 12 Grad (und es wird auch nicht viel mehr).

Danach werden wir weiterfahren ins nördliche Arizona, nach Santa Fe und Taos. Das wird ein neuer Post.