Dienstag, 9. Juli 2019

100.000 (?) Seen - in Ontario

Ottawa, die Hauptstadt

Obwohl wir große Städte nicht so mögen, wollen wir uns von Kanadas Haupstadt doch zumindest einen kleinen Eindruck verschaffen. Wir suchen abends einen CP ca 11 km von Downtown Ottawa entfernt, und fahren am folgenden Vormittag mit dem öffentlichen Bus in die Stadt. Das geht gut, dauert aber – dabei hilft uns David, den wir samt seinem (Blinden-)Hund beim Warten an der Bushaltestelle treffen. Er ist sehr nett und beim Plaudern vergeht die Wartezeit gleich viel schneller. dank ihm schmeißt uns der Busfahrer (erste Frage: welches ist euer Lieblingsfussballclub in D? Dortmund! … und der Daumen geht hoch.) an der richtigen Station Nähe Parliament Hill raus.

Die Parlamentsgebäude (es sind mehrere) sind um die 100 Jahre alt, das größte davon erinnert uns ein wenig an das Hamburger Rathaus. Als wir so davor rumstehen und wohl etwas ratlos gucken, kommt die städtische Touristeninfo in Person von Damian vorbei – er erzählt uns, was wo ist, was wir anschauen bzw wo wir lang gehen sollten und holt auch noch einen praktischen Papier-Cityplan aus seiner Umhängetasche. Toller Service!
Parlamentsgebäude
Parlamentsgebäude (dies hier erinnert uns ans Hamburger Rathaus)
Parlamentsgebäude
Ralf mit Damian, der "Touristeninfo zu Fuß"
vor einem der Parlamentsgebäude
Nun wissen wir Bescheid und überqueren den Rideau-Kanal, gehen im Hotel Chateau Laurier vornehm pinkeln und finden dann sehr schnell die Kathedrale Notre Dame. Ggü der Kathedrale ist die Nationalgalerie, vor der die bekannte Spinnen-Skulptur von Louise Bourgeois steht. Die Kathedrale ist wunderschön, eine Art Neogotik – vielleicht Kitsch, aber uns gefällt sie richtig gut. Schön bunt ☺!
Nationalgalerie
Nationalgalerie und Notre Dame
Notre Dame, Innenraum
Danach laufen wir, auf Damians Empfehlung hin, durch das Bymarket Viertel, das sehr bunt und quirlig wirkt und wo es Unmengen Lokale u.ä. Gibt. Ein bißchen erinnert es ans Hamburger Schanzenviertel.
in Bymarket
in Bymarket
in Bymarket
in Bymarket
in Bymarket
in Bymarket
in Bymarket
Später schauen wir noch die Schleusentreppe des Rideau-Kanals an, sie ist noch Original von 1832 und UNESCO-Weltkulturerbe. Bis heute werden die Schleusen handbetrieben und wir können zuschauen, wie zwei kleinere private Boote vom Kanal in den Ottawa-Fluß geschleust werden. Neben der Schleusentreppe ist ein kleines Museum zur Geschichte Ottawas, das schauen wir uns an: Ottawa hieß zunächst Bytown, nach Lt. Col. John By, der von der britischen Krone mit dem Bau des Rideau-Kanals betraut worden war. Eine undankbare Aufgabe – er kriegte das zwar alles prima hin, überzog aber kräftig das Budget und fiel darob in Ungnade. Der Kanal verbindet den Rideau Fluß mit dem Ottawa Fluß und ermöglichte so in großem Stil das Flößen der in den umliegenden Wäldern gefällter Bäume. Bytown war zunächst wenig mehr als ein gigantisches Holzfällerlager. Queen Victoria entschied aus strategischen Gründen, dort die neue Hauptstadt anzusiedeln, und in dem Zusammenhang erfolgte die Umbennung. Die „Benamsung“ übrigens schon damals erstaunlich fortschrittlich: „Ottawa“ hieß der dort siedelnde Indianerstamm.
Schleusentreppe vor dem Hotel Chateau Laurier
Schleusentreppe vor dem Hotel Chateau Laurier
handbetriebene Schleusen
handbetriebene Schleusen
handbetriebene Schleusen
Schleusentreppe und unten der Ottawa River
Bytown war eine Holzfällersiedlung
Hotel Chateau Laurier und Schleusentreppe
Flößerstiefel - mit Nägeln beschlagen
Ein Spaziergang entlang des Ottawa Flusses und durch die Sparks Street, wo gerade ein Barbecue-Festival stattfindet (seltsame Sache, so ganz ohne Bier u.ä.) beendet unseren Stadttag. Müde machen wir uns auf die Bus-Heimreise zum Camping; dies dauert eine Weile (die Verbindungen sind nicht doll...).

am Ottawa River
am Ottawa River
am Ottawa River
und nochmal der Parliament Hill
Barbecue Festival in der City
Barbecue Festival in der City

Niagarafälle

Jahrzehntelang war das DIE Hochzeitsreise-Destination für Nordamerikaner. Als Oscar Wilde 1882 zu den Fällen kam, soll er wenig beeindruckt sinngemäß gesagt haben: „Und das ist nun die zweite große Enttäuschung im ehelichen Leben“. ☺☺☺

Gut, wir ahnen schon was, aber wir sind sowas von „in der Gegend“, weshalb wir jetzt hin müssen. Also, zu den Fällen gehört eine Stadt. Wenn man weiß, das ca. 21 Mio Menschen jährlich die Fälle besuchen, schwant einem schon was. Und richtig, der Lonely Planet (Reiseführer) bestätigt es: Niagara Falls als Stadt ist eine durchorganisierte Touristenfalle. Wir sind gewarnt; und entscheiden uns extra für einen Tag mitten in der Woche. Da Parken sehr teuer und sehr schwierig ist, suchen wir uns einen teuren CP, der aber einen Shuttleservice in die Stadt anbietet. Der Shuttlebus hält direkt am Hauptaussichtspunkt der kanadischen Fälle – die Fälle bestehen aus 2, ca 500-800 m voneinander entfernten Teilen, und zwar dem größeren kanadischen Hufeisenfall und dem deutlich schmaleren amerikanischen Fall. Auf der kanadischen Seite stürzt der St. Lorenz Strom, aus dem Eriesee kommend, in einem breiten Halbkreis ca 50 m tief über eine Abbruchkante. Da sieht wirklich schön aus, das Wasser ist klar und grün wie Glas. Es ist voll hier (der Aussichtspunkt ist einer der wenigen Gratis-Attraktionen), aber es geht noch. Da wir gut 5 Std Zeit haben, bis das Shuttle uns zurück zum CP fährt, laufen wir noch lange am Ufer entlang, durch gepflegte Grünanlagen in der Nähe (ebenfalls gratis und ein großes Plus!) und schauen uns das Denkmal für Nikola Tesla und das alte Wasserkraftwerk an. Der Name Tesla sagte mir schon was, ich wusste er war Physiker und Erfinder serbischer Abstammung und es gibt die Maßeinheit Tesla (für „magnetische Flussdichte“, was immer das sein mag); aber was hatte er mit Niagara zu tun? Wiki weiß es, wie meistens: er entdeckte sozusagen den Wechselstrom und war der Ideengeber hinter dem ersten Wasserkraftwerk, das Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurde. Er scheint eine sehr interessante und schillernde Persönlichkeit gewesen zu sein, so lässt zumindest der Wikipedia-Eintrag vermuten https://de.wikipedia.org/wiki/Nikola_Tesla
Die Stadt Niagara Falls
... und die Fälle

kanadische "Horseshoe"-Falls
kanadische "Horseshoe"-Falls

die amerikanischen Fälle
es gibt eine kombinierte Auto- u. Fußgängerbrücke in die Staaten
oder lieber unten lang? 

Nikola-Tesla-Denkmal
die Turbinenhalle (?) des alten Wasserkraftwerks, tolle Industrie-Kathedrale, leider nicht zugänglich
Buffalo auf der US-Seite
St. Lorenz-Strom, kurz vor den Fällen
Und so ging der Tag rum, wir sind gute 13000 Schritte gelaufen und haben die Fälle von vorne bis hinten fotografiert. Das reicht fürs Leben ☺!
"unsere" Schildkröte (sie hat wohl gerade Eier abgelegt, siehe die weiche Erde dahinter)
im botanischen Garten in Hamilton (Nähe Niagara Falls)
im botanischen Garten in Hamilton
im botanischen Garten in Hamilton
zwei Baby-Stinktierchen
im botanischen Garten in Hamilton 
im botanischen Garten in Hamilton
Blüten des Tulpenbaums
Tulpenbaum
Langes Wochenende auf Manitoulin-Island

Am 1. Juli ist Canada Day, der kanadische Nationalfeiertag, und dies ist immer ein langes Wochenende, mit freiem Montag (das ist hier bei allen Feiertagen so. Nicht wie in D: Feiertag Sonntag? Pech gehabt!). Zugleich markiert dieses WE für viele den Beginn der schulfreien Zeit. Heißt: Massenandrang überall! Wir hatten die Idee, dem ganzen Stress aus dem Wege zu gehen, indem wir uns ein paar freie Tage mit Wäschewaschen und ansonsten Faulsein gönnen; und die Wahl fiel auf die recht große Insel Manitoulin im Huron-See. Sie ist über eine Brücke erreichbar, also unkompliziert. Manitoulin ist so groß, dass es auf ihr noch 3 Binnenseen gibt, darunter den Lake Mindemoya. 
Campingplatz am Fluß, bevor wir nach Manitoulin fuhren

Brücke nach Manitoulin (kann hochgezogen und gedreht werden, für größere Schiffe)
Lake Mindemoya, auf Manitoulin
Schon beim 2. Campingplatz, den wir bereits Donnerstags ansteuern haben wir Glück und können uns dort für 4 Nächte häuslich einrichten.
unser Campingplatz, direkt am Lake Mindemoya
unser Campingplatz
Manitoulin ist überwiegend First Nations-Land, d.h. es gehört (wieder) den Ureinwohnern. Aber stop, jetzt nix Karl-May-mäßiges mit Federschmuck oder so vorstellen: die First Nations von Manitoulin sind schon sehr lange Bauern und Fischer und überwiegend katholischer Konfession. Der Exotikfaktor geht gegen Null. Immerhin bekommt man mit, das es zwei „Polizeien“ gibt, die normale der Provinz und dann die First Nations-Polizei. [Leser von Tony Hillerman kennen das ☺]

Wir verbringen einen ganzen Tag damit, Wäsche aus den letzten 3 Wochen zu waschen und zu trocknen, den zweiten Tag fahren wir ein bißchen rum – aber die Orte auf Manitoulin scheinen alle sehr verschlafen und völlig untouristisch (obwohl die Insel selbst eine Top-Feriendestination ist) und wir sind froh, zumindest irgendwo mal ein Eis kaufen zu können.




An Tag 3 bemühen wir uns extra früh aus dem Bett, denn wir wollen eine kleine Wanderung machen: den bekanntesten Pfad der Insel, den Cup+Saucer-Trail. Das heißt auf deutsch soviel wie Tasse + Untertasse – man besteigt eine Art Inselberg (die „Tasse“) und hat von da aus schöne Ausblicke auf Insel und Wasser („Untertasse“). Das Ganze dauert so 2 Stunden, die Ausblicke sind wirklich toll +++++++ Fotos ++++++++++++ und als wir uns auf den Rückweg machen, sind wir heilfroh, recht früh dagewesen zu sein. Uns kommt im Wortsinne eine Völkerwanderung entgegen! Kanada ist ja schon immer ein Einwanderungsland, dies ist auch heute noch so. Seit einiger Zeit erfolgt die Einwanderung überwiegend vom asiatischen Kontinent. Anhand der Gesichter, die uns auf dem Rückweg entgegenkommen, können wir das bestätigen. [woran man es zB noch bemerkt: im Dorfkonsum gibt es Kimchi].
tolle Aussichten!


auf Manitoulin
Gegen Abend quatscht uns auf dem Campingplatz Larry an: sein Vater kam in den 50er Jahren aus der Gegend um Treviso (Italien) nach Kanada und blieb. Wir unterhalten uns, und treffen uns abends dann nochmal bei seiner Hütte (wir selbst haben ja nur unsere 2 Stühle; die Dauercamper sind da besser ausgestattet). Larrys Frau Nici arbeitet bei Service Canada, das ist eine Behörde der Bundesregierung (Kanada ist wie D eine Föderation), die für die Auszahlung von Renten, Abeitslosengeld, Müttergeld etc zuständig ist. Ich frage ihr einige Löcher in den Bauch, und siehe da: in deutlichem Gegensatz zu den USA hat Kanada ein Sozialsystem, das dem deutschen sehr ähnlich ist (zB AN und AG zahlen beide in Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung ein; usw usf). Später kommen noch andere Dauercamper dazu, wir fallen scheinbar – ohne es selbst zu merken – auf wie die bunten Hunde. Wenn dann 6 oder mehr Leute durcheinanderreden, wird es auch für mich sehr anstrengend der Unterhaltung zu folgen und so sagen wir nach dem 3. Bier Tschüß und Dankeschön.
die Dauercamper und wir: Larry ist der Herr in rot, seine Frau Nici daneben in blau
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Und weiter geht es am nächsten Morgen auf dem Transkanada-Highway gen Westen.

Von Manitoulin über Thunder Bay nach Kenora

Die Route nach Thunder Bay (die 2. Großstadt – von zwei - im nördlichen Ontario) ist auf der Landkarte grün gepunktet, d.h. landschaftlich schön. Sie führt direkt am Lake Superior (Oberer See) entlang, und da die Landschaft mittlerweile recht hügelig hin (es geht fast schon in Richtung Mittelgebirge) ergeben sich tatsächlich immer wieder sehr schöne Aussichten. Die ganze Gegend ist Bergbau-Revier, aber nichts Industrielles, eher im kleinen Stil. Und so finden wir an der Straße Hinweisschilder zu einer Amethystmine, die man auch besichtigen kann. Das schauen wir uns an! Wir fahren vom Highway ab, und folgen für einige Kilometer den Hinweistafeln der Mine. Sie liegt erhöht auf einer Art kleinem Plateau über dem Lake Superior. Es ist ein Tagebau, nichts Riesiges, man beutet quasi von oben eine Amethystader aus. An der Mine selbst dürfen wir nur schauen (… Sicherheitsbestimmungen!), und die Besitzerin erklärt ein bißchen was … wie Amethyste entstanden sind, etc. Dann dürfen wir auf dem Gelände neben der eigentlichen Mine herumlaufen und auch selbst „schürfen“. Was äußerst einfach ist, da der Platz mit Amethystgestein quasi geschottert ist. Was man mitnehmen möchte, muss man bezahlen, 4 $ das Pfund, das erscheint fair.
Wir können uns leider nicht gänzlich zurückhalten und nehmen ein paar kleine Steinchen für 2$ mit.
unterwegs in Wawa - die Riesengans erinnert an den Vogelzug, währenddessen in Waw jährlich Millionen Gänse rasten
am Lake Superior
am Lake Superior
Blick auf den Lake Superior, am Horizont noch unter Wolken
am Lake Superior
Amethystmine, ein besonders großer Kristall
Amethystmine, "Kieselsteine"
Amethystmine
Amethyste
Wieder auf dem Highway gen Thunder Bay kommen wir an einem wunderschönen Picknickplatz vorbei – sauber, gepflegt und eine Parkbucht, wie gemacht für unseren Tembo. Nachdem wir uns dort ein wenig umgesehen haben, beschließen wir, über Nacht stehenzubleiben, direkt am Seeufer. Dies ist vielleicht der schönste Übernachtungsplatz, den wir bisher hatten. Am Abend und am Morgen kommen immer mal Leute vorbei, um ein bißchen zu angeln, aber niemand sagt was.
Lake Superior - glasklar und eiskalt!
am Lake Superior
am Lake Superior
Kieselstrand am Lake Superior
Unser Platz, gratis und mit "Million-Dollar-View"
[Das war bis jetzt immer so: die Kanadier sagen dir nicht, was du tun oder lassen oder anders machen sollst. Sie sind ein ruhiges Völkchen, keine Saufereien in der Öffentlichkeit, kein Rumgrölen. Sehr, sehr angenehm!]

Nach einer ruhigen Nacht frühstücken wir wie üblich (nur die Dusche muss entfallen) und fahren dann weiter bis zum Ort Sault St.Marie (den wir nicht weiter beachten, da im RF als unbedeutend und häßlich bezeichnet). Wir übernachten auf einem CP am Rande und erreichen am Nachmittag des folgenden Tages dann Thunder Bay. Aus verschiedenen Gründen fahren wir durch die „Innenstadt“ (Anführungszeichen, denn sowas wie eine Innenstadt gibt es in der Regel nicht), und finden das, was wir vom Auto aus von dem Ort sehen, leider sehr uninteressant. Viele Finnen haben sich dort vor Jahrzehnten niedergelassen, wir sehen einen finnischen Buchladen und einen finnischen Fleischer etc.

[In D habe ich nicht für ganz Kanada RF gekauft; ich habe mir dann in Ottawa einen Lonely Planet Canada gekauft, das war der einzige RF, den es überhaupt fürs ganze Land gab. Er richtet sich nat in erster Linie an kanad. und am. Touristen. Die Bewertung besonders der Städte ist eine völlig andere, wir als Europäer finden es „schön“, wenn eine echte intakte Innenstadt existiert, was hier praktisch nie der Fall ist. Nordamerikanische Städte sind i.d.R. nicht unser Fall, daher lassen wir sie meist links liegen.]

Am nächsten Morgen ist wieder ein sehr schöner, warmer Tag und wir beschließen, uns den Fort William Historical Park anzusehen. Dieses Fort William gab es in der Gegend tatsächlich einmal, es war die Hauptniederlassung der Northwest Company (NWC), eines direkten Konkurrenten der bis heute bestehenden Hudson Bay Company (bis vor kurzem Eigner von Kaufhof....). Man hat das Fort phantasievoll, aber nicht disneyland-mäßig nachgebaut, entsprechend mit alten Sachen ausgestattet und junge Leute sprechen schauspielernd mit den Gästen, so dass sich im besten Falle ein Interaktion ergibt. Wir wurden nach einem kurzen Weg vor dem Fort von einer jungen „Indianerin“ begrüßt, und zunächst nach dem woher und wohin gefragt. Sie machte das (wie fast alle) ganz toll: „was, ihr seid aus Europa hergepaddelt?, das muss ja Jahre gedauert haben... usw usf. War gut, ohne Sprachkenntnisse wär man allerdings hier aufgeschmissen. Es war wirklich interessant, nicht unanstrengend, weil (meist) ich ja einige Stunden lang immer wieder reden, fragen und Witzchen machen musste (und wollte, war ja auch lustig); und lehrreich wars auch. Das ganze „Setting“ ist 1816 – zu der Zeit gab es noch keine Straßen. Jeglicher Transport fand nur auf dem Wasserwege statt, und logischerweise nur in der eisfreien Zeit (also nur 6-7 Monate lang). Von Westen kamen Felle, die meist von den Ureinwohnern an div Trading Posts (Handelsstationen) verkauft worden waren. Die wurden dann per Kanu (aus Birkenrinde!!??, Riesendinger...) nach Fort William geschafft. Von Osten, aus Montreal kamen, ebenfalls per Kanu, Waren aus Übersee, wie Stoffe, die vielzitierten Glasperlen, Tee usw. die dann wiederum an die Trading Posts weitergereicht wurden. In heutigem Deutsch würde man sagen, Fort William war ein „Hub“. Die Felle aus dem Westen wurden letztendlich auch wieder per Kanu nach Montreal verladen und von dort mit großen Schiffen nach Europa gebracht und dort verkauft. Für mich klang das ziemlich klein-klein, aber auf meine Fragen wurde mir mehrfach versichert, dass nicht nur die Beteiligten dieser Transporte (die Kanuführer „guides“, die Ruderer „voyageurs“ und auch die div Angestellten der NWC für die damalige Zeit extrem gut verdient haben. Und die NWC selbst machte in besagtem Jahr 1816 einen Profit von 13 Mio $ (in heutiger Währung!), das entspricht ca. gut 8 Mio Euro. Das ist schon ein Volumen!
Fort William (Museum)
Fort William (Museum)
Fort William (Museum), Wachturm
Fort William (Museum)
Fort William (Museum)
Fort William (Museum), Boarding House für Durchreisende
Fort William (Museum), die Küche
Fort William (Museum), die Bäckerei
Fort William (Museum), interagieren mit Schauspieler-Guides
Fort William (Museum)
Fort William (Museum)
Fort William (Museum), die riesigen Kanus mit Außenhaut aus Birkenrinde
Fort William (Museum)
Praktischerweise hat der Park einen CP gleich nebendran, so dass wir fix „zu Hause“ sind.

Nun geht es Richtung Manitoba, und wir entscheiden uns für die relativ unattraktive nördliche Route, einfach, weil es an der südlichen, längeren Route keine CP gibt. Letztendlich fahren wir dann die ganze Strecke bis Kenora, fast 500 km. Normalerweise machen wir nicht soviel Strecke, denn wir sind ja nicht auf der Flucht. In Kenora lockt uns der Lake of the Woods, ein weiterer Riesensee, den zu Hause wohl kaum einer kennt, dabei hat er die 7fache Größe von HH! Leider fängt schon ca. 100 km nach Thunder Bay der völlig verrauchte Himmel an, nach Kenora zu wird es schlimmer und man riecht den Rauch jetzt auch deutlich. Irgendwo Richtung Norden brennen viele Hektar Wald, daher kommt das. Am nächsten Morgen ist es etwas besser und wir beschließen, die ursprünglich vorgehabte Bootsfahrt zu machen. Zur Erklärung: es gibt, so unser Eindruck bisher, hier zwar unfassbar viele Seen, und es gibt auch Boote, und man kann auch Bootsfahrten machen – aber nie „einfach so“. Es ist eigentlich immer mit Angeln o.ä. verbunden, was wir nicht machen und was uns auch nicht interessiert. Hier in Kenora ergibt sich nun das erste Mal eine Gelegenheit für „Bootfahren nur so“. Als wir auf die Abfahrt warten, fällt uns eine Dame auf, die dort mit ihrem Mann spazierengeht – sie fällt uns auf, weil sie so gut gekleidet ist. Sie trägt ein wirklich schönes geschmackvolles Sommerkleid (weiß mit rosa Blumen) und eine passende pinke Strickjacke dazu, und sie hat eine Frisur! - Beides ist hier äußerst ungewöhnlich. Frauen haben meist lange Haare, irgendwie zusammengewurschtelt, oder einen völlig rausgewachsenen Haarschnitt, der nur noch ungepflegt aussieht. Und klamottentechnisch laufen hier eigentlich alle immer und überall in legersten (lies: schlamipgsten) Campingklamotten rum (wir auch). Kurz, sie fällt mir auf und ich denke „bestimmt reiche Amerikaner“ (die Grenze ist ganz nah). Wenig später spricht sie uns an: sie ist Monika, aus Österreich, und lebt seit 6 Jahren mit einem kanadischen Farmer, der deutsche Wurzeln hat (seine Vorfahren kamen aus Altona, damals noch nicht HH!) im Süden Manitobas. Sie hat unser Auto gesehen.... und so reden wir, ziemlich viel und über alles Mögliche. Später kommt Len dazu, er spricht super Deutsch. Zusammen gehen wir aufs Boot, und als die Fahrt nach 2 Std vorbei ist, haben wir von den Beiden eine ganz nette Einladung auf die Farm bekommen. Wir haben vor das zu machen, und werden berichten!
Der Lake of the Woods ist toll, es gibt in ihm ganz viele Inseln, auf denen meist ein fast immer sehr hübsches Sommerhäuschen steht. Bootshäuser sind natürlich obligatorisch, mancher hat aber auch gleich noch sein Wasserflugzeug am Pier liegen. Das ist hier definitiv keine Gegend für arme Leute – wenn man hier Besitz hat, dann entweder, weil ihn die Familie schon vor sehr langer Zeit erworben hat oder aber, weil man reichlich Kohle hat. [Ich sage immer, Kanada ist vmtl das einzige Land der Welt, wo sich ein Normalbürger noch ein Seegrundstück leisten kann. Aber der Lake of the Woods fällt nicht in diese Kategorie!]
Zeitzonenwechsel, kurz hinter Thunder Bay; jetzt -7 Std zu D
verrauchter Himmel

unterwegs: wir treffen unser Zwillingsauto, leider aus den Augen verloren / vielleicht sehen wir uns nochmal
Elch #1!!!
unser Frühstücksgast: ein Streifenhörnchen
Wasserflugzeuge in Kenora
Waterfront, Kenora
die MS Kenora, mit der wir den Ausflug gemacht haben
auf dem Lake of the Woods. Im Hintergrund sieht man ein privates Wasserflugzeug geparkt
auf dem Lake of the Woods

auf dem Lake of the Woods
auf dem Lake of the Woods
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wieder zurück - Anleger in Kenora
Nach der Bootsfahrt fahren wir noch einige Kilometer und übernachten auf einem schönen Provinzpark-CP, schon hinter der „Grenze“, in Manitoba.




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