Donnerstag, 20. Dezember 2018

Durch den Westen an die Atlantikküste und nach Kapstadt


[Ich habe meine Lesetipps aktualisiert.]

Bloemfontein, Provinz Free State
Das Campen müssen wir noch eine weitere Nacht verschieben, der Platz den wir angesteuert haben ist überfüllt; einen weiteren Platz können wir nicht finden bzw. er existiert nicht mehr. So übernachten wir unterwegs in einem kleinen Ort in einer Art Motel – zum Glück, denn am Abend geht ein kurzes, äußerst heftiges Gewitter mit gewaltigem Regenguss nieder.


Am nächsten Morgen verlassen wir dann die Provinz Gauteng (das ist der Raum JNB + Pretoria, das wirtschaftliche Herz des Landes) und fahren weiter in die Provinz Free State (früher: Oranje Free State), dem burischen Kernland. Wir wollen Bloemfontein anschauen und endlich campen. Es ist Freitag, und allerorten sind Menschen in Feierlaune und verschiedenen Stadien des Angetrunkenseins unterwegs. Auch auf dem angestrebten Campingplatz steigt irgendeine Riesenfete, die nette Chefin schickt uns wenige Kilometer weiter und wir landen auf einer Art Freizeitgelände mit Bungalows, Campsite und Pool, welches der Dutch Reformed Church gehört. Dort ist es bis auf ein paar Familien mit vielen Kindern leer und geht geordnet zu. 


Bloemfontein wurde im Reiseführer als sehr sehenswert gepriesen, schöne Parks, einige schöne Gebäude. Vielleicht liegt es am Wochenende, aber es wirkt etwas tot und auch hier liegt viel Müll rum. 




Wir fahren in eine neue Shoppingmall, um dort zu Abend zu essen – in den nahe gelegenen Park kommen wir nicht rein, wiederum wegen einer Feier, zu der wir natürlich nicht geladen sind. Am Sonntag schauen wir das Nationalmuseum an, das uns positiv überrascht: es ist wirklich interessant und teilweise so außergewöhnlich anschaulich, dass der Besuch wirklich ein Muss ist. Es gibt nachgebaute Straßenszenen mit Originalartefakten aus dem alten Bloemfontein, toll! Siehe Fotos hier:




Später am Nachmittag fahren wir zum Museum / Gedenkstätte des anglo-burischen Krieges. Ein bei uns kaum bekanntes Kapitel der Geschichte, wer nachlesen will hier ein Link zu Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Second_Boer_War. Ich hatte schon einiges darüber gelesen, und deshalb interessiert mich das Museum.













Am Folgetag verlassen wir Bloemfontein, doch vorher will ich noch ins Museum für Afrikaanse Literatur. Im Untergeschoß wird ehrenamtlich ein Second-Hand-Bookshop betrieben. Ich spreche lange mit der sehr netten Dame, die dort Ordnung schafft und sie empfiehlt mir den Roman von van der Vyver (Lesetipps).

Kimberley, Northern Cape
Am Nachmittag erreichen wir Kimberley, die ehemalige Diamantenstadt. Die Förderung wurde schon vor gut 10 Jahren eingestellt, es war für De Beers nicht mehr wirtschaftlich. Ein paar kleinere Minen wurden verkauft und neue Betreiber fördern dort weiter. De Beers recycelt jetzt seine Abraumhalden und gewinnt daraus immerhin noch Industriediamanten. Der große Rest ist Museum. Wie wenig man sich auf Reiseführer verlassen kann, zeigt sich hier: K. wirkt – entgegen der Aussage des Reiseführers - aufgeräumt, geordnet (soweit afrikanische Städte geordnet sind – nicht wie eine deutsche Kleinstadt vorstellen, bitte!), es liegt kein Müll rum. Das Big Hole Museum gehört noch De Beers und wird professionell und äußerst sehenswert und interessant betrieben. Abgesehen von den historischen Fakten, die uns fast sämtlich neu sind, begeistern uns besonders die echten alten Gebäude, die quasi als Diamantengräberstadt rund um das eigentliche Museum wieder aufgebaut wurden. Sehr anschaulich, wirklich Klasse.











Danach brauchen wir erstmal eine kleine Erfrischung.


Später fahren wir noch durch den historischen Stadtteil Belgravia und bewundern schöne alte Hotels und Villen. Zum Laufen ist es mit ca 35 Grad viel zu heiß, die Sonne knallt vom Himmel. Immerhin ist die Luftfeuchtigkeit dabei nur um die 20%, also knochentrocken.
Wir wohnen nicht in K., sondern außerhalb in einer Art Ferienhäuschen, auf einer Farm. Sehr preiswert, superschön, sicher und mit Klimaanlage.



Nach zwei Nächten ziehen wir weiter, Richtung Augrabies Falls National Park – der ist weit im Nordwesten, in der Provinz Nordkap, am Rande der Kalahari. Bei einer Zwischenübernachtung sehen wir erstmals den großen Oranje-Fluss, er ist die Lebensader der gesamten Region. Denn Regen gibt es hier praktisch Null. Alles Wasser muss aus dem Fluss kommen. Das scheint recht gut zu funktionieren, entlang des Flussufers schlängelt sich ein grünes Band durch die ansonsten braun-trockene, steinige Landschaft. Wir fahren an riesigen Wein- und Obstfarmen vorbei, alles bewässert mit Oranjewasser. Jemand erzählt uns, hier würde mehr Wein produziert, als in der Kapregion („Garden Route“). Die dortigen Winzer würden Wein vom Oranje zukaufen und ihre Weine damit verschneiden.


In Upington (was überraschend grün und angenehm wirkt) stocken wir nochmal Vorräte auf. Dann nehmen wir die letzten Kilometer zum N.P. unter die Räder. Wegen des langen Wochenendes haben wir online über die SAN-Parks-Seite 3 Nächte auf dem Camping vorgebucht. Hier haben jetzt die Sommer- und Weihnachtsferien begonnen, und es wird voll werden.

Augrabies Falls National Park
Dies ist ein Landschaftspark, der Oranje River fällt hier in eine enge Schlucht. Die Landschaft drumherum ist ziemlich spektakulär, auf Grund der aktuellen Sommerhitze (tags plus 40….) aber eben nur bedingt erlaufbar. Große Tiere gibt es hier nicht, zumindest keine Raubtiere. Wir schauen ausführlich die Fälle an, und fühlen uns an den Grand Canyon erinnert – allerdings in einem deutlich kleineren Maßstab. 






Am nächsten Morgen stehen wir vor 5 Uhr auf und laufen kurz danach los, noch vor Sonnenaufgang. Wir wollen den ca. 7 km langen „Dassie-Trail“ laufen, einen markierten Wanderweg. Das ist derzeit nur bei frühestem Aufbruch sinnvoll. Der Trail wird als einfach beschrieben, dies ist er u.E. jedoch nur bedingt. Er führt durch spektakuläre Landschaft, mal weit und fast eben; mal voller Felsen, Schluchten und Wasserläufe, die man alle irgendwie überqueren muss. Viel Kletterei, aber wir kriegen es hin und sind nochmal froh, dermaßen früh aufgebrochen zu sein. Irgendwann mittendrin verlieren wir mal den Weg, finden ihn dann aber dank Ralfs allwissendem GPS wieder. Ebenfalls sichten wir bei der Gelegenheit die kleine Giraffenfamilie, die im Park lebt (Vater, Mutter, Kind? – es sind jedenfalls 3 und eine ist noch nicht ausgewachsen.). Ein besonderes Erlebnis! Paviane sehen wir auch, und die namensgebenden Dassies natürlich. Nach ca. 3 Stunden sind wir zurück im Camp, es war absolut lohnenswert. Der Rest des Tages wird verdöst und sich über die wagenburgenbauenden Buren amüsiert.


Man beachte rechts im Hintergrund die zwei Giraffen!


Wir reisen weiter gen Westen, passieren dabei das in Telegram bereits erwähnte langweiligste Stück Straße der Welt und nach einer Zwischenübernachtung in Springbok sind wir plötzlich an der kalten und nebligen Atlantik-Nordwestküste. Dieses Wetter kennen wir schon aus Namibia, Swakopmund. Schöner wird’s dadurch aber auch nicht. 



Eine Nebelnacht auf dem Camping, und nach Süden fahren. Im kleinen und wirklich netten Landstädtchen Darling gönnen wir uns für 2 Nächte ein schönes B+B, mit Pool! 





Die Sonne scheint, alles ist prima. Wir machen einen nochmaligen Ausflug ans Meer, nach Yzerfontein, bei bestem Wetter. Das ist schon eher unser Geschmack. Die Häuser im Ort sehen sämtlich nach Millionär aus, und mir fällt auf, das auch hier natürlich alle Alarmanlagen etc haben, aber es kaum Mauern u.ä. besitzschützende Bauten gibt (im Geegnsatz zu den größeren Städten). Dafür viele offene Terrassen, Vorgärten usw. Es ist wirklich nett.
Und am Freitag fahren wir nach Kapstadt, es ist nicht mehr weit - man sieht schon den Tafelberg.


Mittwoch, 5. Dezember 2018

Ankommen in Südafrika


Nach langem Flug kommen wir Montag Vormittag in JNB an. Die 75 kg Gepäck sind auch da, prima. Nächster Punkt: Mietwagen abholen bei Avis. Das ist leider eine schwierige Sache: wir haben gebucht und bezahlt: Langzeitmiete, über den Jahreswechsel, mit 2 geplanten Grenzübergängen (Botswana und Namibia) und Einwegmiete. Das hat das Avis-Buchungssystem scheinbar noch nie gehabt und es streikt in unserem Fall. Was heißt, das wir in der Hitze über 2 Stunden am Schalter stehen (Sitzgelegenheiten gibt es keine) und warten und diskutieren. Ein Traum. Die Damen von Avis sind freundlich und bemüht und lösen das Problem schließlich durch manuelle Buchung unter Umgehung des Systems. Ich werde gewarnt, ich müsse jetzt aber meine Kreditkarte beobachten, ob die Abbuchungen alle stimmen. Na, wir werden sehen.
So, dann mal los und zum Guesthouse fahren. Pretoria ist nur ca 40 km vom JNB Flughafen entfernt. Leider fährt man hier auf der falschen Seite, das heißt erstmal Streß für Ralf, welcher fährt. Insgesamt läuft der dichte Verkehr aber ohne große Aggressionen ab, was sehr angenehm ist. Das Navi leitet uns, ist aber scheinbar nicht ganz up-to-date, denn wie sich herausstellt, befindet sich das Guesthouse in einer Gated Community (durch Absperrungen abgetrennter separater Sicherheitsbereich) und Navi findet den Eingang nicht. Nach etwas Herumkurven sind wir dann aber doch richtig und kommen an. Es folgen: gut 12 Stunden Erschöpfungsschlaf.


Tag 2: wir kommen langsam in die Gänge und schauen uns in einer Mall schon mal um wegen des Campingequipments, das wir kaufen wollen. Alles ist weihnachtlich dekoriert, und bei schweißtreibenden 34 Grad ca. dudelt fröhlich „Last Christmas“, “Driving Home for Christmas“ und so weiter. Sehr skurril.
Überall Mauern, Zäune, Absperrungen, Security… eigentlich kennen wir das von früheren Reisen, aber das Ausmaß lässt uns doch staunen. Dabei wirkt es insgesamt nicht unsicher (bei Tage, wohlgemerkt).

Abends mit dem Uber zum Essen (danke, danke, Frau U.F. für diesen Tipp!!!). Ohne digital ist man hier komplett aufgeschmissen. Aber es gibt überall WLAN und wir haben unseren eigenen Hotspot ja auch noch dabei. Uber klappt wirklich absolut super und ist deutlich billiger, als U-Bahn-Fahren in HH. Dafür gibt es hier auch keinen öffentlichen Nahverkehr, der den Namen verdient hätte.
Tag 3: Der Tag beginnt mit einer kleinen Sporteinheit: 20 Bahnen im städtischen Hillcrest-Bad. Es ist ein echtes „Schwimm“bad, mit 50m-Pool, und teilweise wird dort ernsthaft trainiert. Alles sehr schlicht, aber dafür auch nur umgerechnet ca 1 Euro Eintritt und nicht voll. Es gibt ca. 15 solche Pools in Pretoria (3 Millionen-Stadt).
Dann wagen wir uns in die City, das heißt: Church Square. Dort stehen Regierungsgebäude, der High Court (ich bin nicht sicher: auf jeden Fall ein höheres Gericht, ob DAS höchste, weiß ich nicht). Wie viele große Städte in diesem Teil der Welt ist es chaotisch, eine koordinierte Stadtplanung hat, wenn überhaupt, nur vor langer Zeit stattgefunden. Um ehrlich zu sein, bin ich etwas schockiert, wie verwahrlost das Zentrum wirkt (hatte ich anders in Erinnerung). An jedem Laternenpfahl kleben Zettel mit Werbung für (illegale) Abtreibungen, siehe Foto.  [Korrektur Abortion: Abtreibung an sich ist nicht illegal. Das fotografierte Angebot – Zettel dieser Art sieht man überall massenhaft – bezieht sich mutmaßlich auf von „Kurpfuschern“ durchgeführte Abbrüche; vmtl. billiger als in der Klinik, ebenso vmtl. aber mit den bekannten Risiken].
Unsicher fühlen wir uns bei Tage nicht. Immerhin finden wir nach etwas Herumlaufen ein ganz nettes Café direkt am High Court und beobachten beim Lunch die Anwälte, die mit ihren Klienten in Scharen aus diversen Verhandlungen zu kommen scheinen und je nach Verfahrensausgang aufgekratzt oder bemüht optimistisch wirken. Sehr interessant!



In einer Passage finden wir ein Spezialgeschäft für Hochzeits- und andere Torten, das ist mir als bekennender Kuchenfreundin natürlich ein paar Fotos wert. Tolle Sachen!!!
 





Danach zu den Union Buildings – man kommt nicht rein, nur ran (in den Park), und hat eine schöne Aussicht auf die Stadt. Seit einigen Jahren steht eine gigantische Staue von Mandela davor (dessen Todestag übrigens heute ist). Es ist Nachmittag und irre heiß, so um die 35 Grad.


Wir haben beschlossen, morgen noch hier zu bleiben und den Botanischen Garten anzusehen. Freitag früh wollen wir weiterfahren und dann soll das Abenteuer Camping beginnen 😊.